Süddeutsche Zeitung BILDUNG UND BERUF Mittwoch, 15. September 1999


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Kürzlich in Bonn

Wirtschaft soll in die Bresche springen

Deutschland gerät beim Kampf um ausländische Studierende und Fachkräfte immer mehr ins Abseits. Größter Konkurrent auf dem internationalen Bildungsmarkt sind die englischsprachigen Länder. Dieses Fazit zog Christian Bode, Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), kürzlich auf dem diesjährigen DAAD-Außenstellenleiter-Treffen in Bonn. Als Gastland für ausländische Studenten ist die Bundesrepublik nicht besonders gefragt, während sich die Hochschulen in Großbritannien, den USA und Australien als Dienstleistungsunternehmen zu einer lukrativen Exportbranche entwickelt haben. Junge Führungskräfte aus Asien und Lateinamerika studieren heute überwiegend in den USA. „Wenn unter den künftigen Führungskräften dieser Länder immer weniger Persönlichkeiten zu finden sind, die in Deutschland studiert haben, dann wird dies in kurzer Zeit Auswirkungen auf die bilaterale Zusammenarbeit haben“, so die Befürchtung von Max Huber, DAAD-Vizepräsident.

„Wir alle wissen, daß die, die heute bei uns studieren, morgen bevorzugt mit uns Handel treiben werden“, so Huber. Auch der von der Industrie händeringend gesuchte Management-, Informatiker- und Ingenieurnachwuchs meidet Deutschland. Nur 18 Prozent der vom DAAD 1998 an ausländische Studierende und Wissenschaftler vergebenen Stipendien entfielen auf die Ingenieurwissenschaften und lediglich 13 Prozent auf naturwissenschaftliche Fächer. Der Hochschulstandort Deutschland soll wieder attraktiver werden, indem vermehrt Studiengänge in englischer Sprache angeboten, das Tutorensystem ausgebaut werden sowie das Credit-Point-System mit Bachelor- und Masterabschlüssen zum Standard jeder Hochschule gehören sollen.

Angesichts der knappen öffentlichen Finanzen soll, so der DAAD, die Wirtschaft stärker in die Bresche springen. Einen Schritt in diese Richtung machte jüngst der DAAD gemeinsam mit der Siemens AG mit einem Projekt zur Förderung des ingenieurwissenschaftlichen Nachwuchses in asiatischen Ländern. Das Programm mit dem Namen „DAAD-Siemens Scholarship Program Asia 21st Century“ hat ein Gesamtvolumen von rund vier Millionen Mark, wovon die Siemens AG über 2,7 Millionen Mark spendet. Zusätzlich stellt der Konzern allen Stipendiaten einen Praktikumsplatz zur Verfügung. In den nächsten fünf Jahren können so über 80 Studierende aus Asien ein zweijähriges Master-Studium in internationalen Studiengängen an deutschen Hochschulen absolvieren. Der DAAD hofft, daß diese Initiative von anderen Unternehmen aufgegriffen wird, um so die Internationalisierung des deutschen Hochschulwesens voranzutreiben.

Veronika Renkes

Das Jahrestreffen

vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD)


SZ - Bildung und Beruf 15.09.1999


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