Völkerverbindender Blick über den Tellerrand

Auslandspraktika als Karrierehelfer

Von Beate Richter

Ohne den Nachweis praktischer Arbeitserfahrung schaffen Hochschulabsolventen den Berufseinstieg nur schwer. Viele Studierende suchen sich aber nicht nur irgendein Praktikum, sondern schauen dabei bewusst über die Grenzen ihres Landes hinaus. Für sie ist der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) eine gute Adresse.

Denn dem staatlich finanzierten DAAD ist die internationale Organisation IAESTE untergeordnet, die seit 1948 weltweit Praktikumsplätze vermittelt. Mehr als 60 Staaten gehören der Organisation an, um die Vermittlungsarbeit kümmern sich Lokalkomitees an einzelnen Hochschulen. Auch an den Berliner Universitäten gibt es solche Büros.

An der Technischen Universität (TU) Berlin bilden IAESTE und die Schwesterorganisation AIESEC ein von Studenten geleitetes Doppelkomitee. AIESEC ist ein studentischer, über Spendengelder finanzierter Verein, der sich hauptsächlich an angehende Wirtschaftswissenschaftler und Informatiker wendet, während IAESTE Ingenieur- und Naturwissenschaftler vermittelt. Studenten wie der angehende Wirtschaftsingenieur Mathis Bock oder die künftige Betriebswirtin Miriam Wiechert organisieren einerseits die Vermittlung deutscher Studenten ins Ausland. Andererseits betreuen sie die ausländischen Praktikanten in Berlin. «Wir wollen aber nicht bloß Dienstleister für die Studenten sein», erklärt Wirtschaftsstudent Bock. «An erster Stelle geht es uns um den Austausch von Menschen und Ideen zur Völkerverständigung.» Daran orientierten sich auch die Auswahlkriterien für die Praktikumsvergabe. Neben fachlicher Qualifikation und Sprachkenntnissen werde ein hohes Maß an kultureller Offenheit von den Bewerbern gefordert. Deutsche Studierende werden von IAESTE umfassend auf ihr Gastland vorbereitet, ausländische Praktikanten persönlich betreut.

Der erste Schritt ist die Vermittlung der Praktikanten an passende Firmen. Dazu wurde von AIESEC eine weltweite Datenbank angelegt. Mit ihrer Hilfe werden geeignete Praktikanten ausgewählt. Die Vermittlung ist frei, deutsche Firmen müssen allerdings ein monatliches Praktikumsentgelt von 1100 Mark zahlen. Auch die deutschen Praktikanten erhalten im Ausland ein Entgelt, das den Lebenshaltungskosten angepasst ist. Um die Unterkunft, die behördlichen Formalitäten, die Versicherung und die BVG-Fahrkarte der ausländischen Gäste kümmern sich die Studenten von IAESTE beziehungsweise AIESEC.

Doch auch wenn die Organisatoren viele gute Erfahrungen mit den Gästen machen, gibt es zuweilen Schwierigkeiten, wie Miriam Wienert von AIESEC bestätigt. «Einige kommen mit zu hohen oder falschen Erwartungen nach Deutschland und werden auch schon mal unfreundlich, wenn nicht alles so klappt, wie sie sich das vorstellen. Manche glauben, dass ihnen hier alles hinterhergeworfen wird.» Da käme es vereinzelt vor, dass Telefonrechnungen nicht bezahlt würden oder der Vermieter mit Dauerpartys tyrannisiert werde. «Aber das ist alles vergessen, wenn man vor der großen Landkarte mit den Bildern der Ehemaligen steht», meint Mathis Bock.

 

© Berliner Morgenpost 1999 1