Politik


15.09.1999



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¸¸Qualified in Germany'' soll ein Markenzeichen werden

Hochschulen wollen mit neuen Strategien talentierte Studenten nach Deutschland locken - Zusätzliche Angebote gegen Entgelt?

Für die Bezeichnung Fachhochschule gibt es in der englischen Sprache kein entsprechendes Wort. Doch die deutschen Universitäten plagen im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz noch viel wichtigere Probleme.

Von Jan Ulrich Welke, Bonn

In den USA leben etwa dreimal so viele Menschen wie in Deutschland. Und an den dortigen Universitäten tummeln sich 500000 ausländische Studenten, an den deutschen Hochschulen jedoch nur 100000. Das liegt etwa daran, dass sich Englisch längst zur Sprache der Wissenschaft entwickelt hat. Es liegt aber auch daran, dass der Studien- und Forschungsstandort Deutschland offenbar an Reiz verloren hat.

¸¸Der globale Bildungsmarkt wächst, der Bildungsboom hält an, nur wir sind weit unter unseren Möglichkeiten präsent'', beschrieb Max Huber, der Vizepräsident des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD), das Dilemma der Deutschen Hochschulen gestern auf einer Tagung in Bonn. ¸¸Wir müssen sogar aufpassen, dass wir nicht zum Exportweltmeister in Sachen Wissenschaftler werden'', sagte ein Beamter des Bundesbildungsministeriums. ¸¸Qualified in Germany muss wieder ein weltweites Gütesiegel sein'', forderte Huber. Doch die Zweifel am Plan des DAAD, den Anteil der ausländischen Studenten im Laufe der nächsten zehn Jahre zu verdoppeln, überwogen.

Das auf der Tagung diskutierte Zauberwort heißt ¸¸Internationales Hochschulmarketing''. Dazu wurden einige interessante Konzepte vorgestellt, doch ¸¸Sushi kann man nicht als toten kalten Fisch verkaufen'', spielte ein Referent auf die zahlreichen überalterten Konzepte an, mit denen die deutschen Hochschulen im Ausland um Studenten werben. Besserung wurde von allen Seiten gelobt; gleichwohl wurde aber immer wieder deutlich, dass die deutschen Probleme, ausländischen Wissenschaftlernachwuchs zu gewinnen, eher struktureller Natur sind.

An deutschen Universitäten sei noch immer die Ansicht verbreitet, sich lieber mit Forschungsergebnissen als mit dem Engagement für Gäste zu profilieren. Beim Reizwort Marketing befürchteten einige Professoren gleich, das sie demnächst das Logo der Universität auf der Brust tragen müssten. Gehe es um die Einwerbung von Forschungsgeldern, wüssten Professoren hingegen genau, wie Marketing funktioniert.

Heftig diskutiert wurde auch, ob man der Konkurrenz teurer ausländischer Universitäten und der Privatuniversitäten im eigenen Land nur mit den gleichen Waffen begegnen könne. ¸¸Wir wollen die Unis ermuntern, zusätzliche Angebote gegen Entgelt anzubieten'', sagte DAAD-Generalsekretär Christian Bode zum Thema Studiengebühren. ¸¸Was nichts kostet, ist auch dem Weltbildungsmarkt nichts wert'', lautete gar die provokante These, die Max Huber vor einem erkennbar skeptischen Publikum aufstellte.

Eines der Haupthindernisse, da herrschte Einigkeit, ist das rigide deutsche Ausländerrecht, das viele Studenten abschrecke. Und dann wird in Deutschland kein verschultes Studium nach angelsächsischem Vorbild angeboten. Viele ausländische Gäste hätten daher Probleme, ihre Studienleistungen in der Heimat anerkannt zu bekommen. Auch hierzu wurden in Bonn interessante Modelle vorgestellt, etwa das der Fachhochschule Köln. Sie bietet in Zusammenarbeit mit einer russischen Universität ein aus verschiedenen Modulen bestehendes Studium an. Jedes dieser Module kann wahlweise an einer der zwei Hochschulen absolviert werden.

Auf viel Unverständnis stoße im Ausland die fast einhellige Ablehnung von Hochschulranglisten. Ob man die Einstufungen nun gut oder schlecht findet - ¸¸Tatsache ist: Es gibt sie und sie haben Wirkung'', wie der Rektor der TU Hamburg-Harburg, Christian Nedeß, sagte. Allein: ¸¸Wir werden uns nicht aktiv an einem Ranking beteiligen'', stellte Christian Bode klar. Die Frage nach der besten Hochschule werde der DAAD ausländischen Interessenten folglich nicht beantworten.

Dass sich in Bonn 200 Hochschulvertreter Gedanken darüber machten, den deutschen Bildungsbetrieb besser zu vermarkten, zeigt, dass das Problem erkannt ist. Doch schon der Wunsch, die Hochschulen einer Region sollten sich gemeinsam vermarkten, fand keine Mehrheit. Dass fast dreißig Teilnehmer der Tagung von baden-württembergischen Hochschulen stammten, deutet es an: Im Zweifelsfall ist sich an deutschen Hochschulen jeder selbst der Nächste.




© 1999 Stuttgarter Zeitung, Germany

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