Polen plant Geld für Grenz-Ausbau Linken
Ringstorff: A20-Verlängerung sehen Nachbarn nicht vordringlich
Von unserem Korrespondenten Michael Seidel Stettin/Szczecin. Wer sich gestern an oder auf der östlichen Zufahrtsstrasse nach Szczecin bewegte, mag den Eindruck gehabt habe, ein Staatspräsident sei in der Stadt: Der von der Polizei mit Blaulicht und Sirenen und in einem "Affenzahn " durch die Stadt geleitete Konvoi von Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) sorgte für Aufsehen. Ein Zeichen außergewöhnlicher Ehrerbietung der polnischen Gastgeber sei das, hieß es. Schon zuvor in Danzig hatte es unspektakulärere, aber nicht weniger außergewöhnliche Gesten gegeben. Ringstorffs Polen-Reise scheint neuen Schwung in die deutsch-polnischen Beziehungen an der Ostsee gebracht zu haben. Mecklenburg-Vorpommern und die Wojewodschaften Westpommern und Pommern sind von Fläche und Einwohnerzahl, aber auch von der wirtschaftlichen und sozialen Struktur vergleichbare Regionen.

Gegengewicht gefragt

Neben dem Ausbau der konkreten Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Partnern ging Ringstorffs zentrales Anliegen weiter: Bei nahezu jedem Gespräch warb der Ministerpräsident darum, gemeinsame Interessen zu formulieren, sie in die Kooperation aller Ostsee-Anrainer einzubringen und auf diese Weise ein politisches Gegengewicht zu entwickel n - ein Gegengewicht gegen die bisherige Dominanz des Mittelmeerraumes in der Europäischen Union. Mit dieser Sichtweise rannte Ringstorff zwar offene Türen ein. Jedoch schien dies den Polen noch eher Zukunftsmusik, während die konkrete Vorbereitung auf den EU-Beitritt und die dafür erhoffte Hilfe aus der deutschen Nachbarregion das Naheliegendere ist. Als eine wichtige Voraussetzung für eine engere Zusammenarbeit mahnte Ringstorff immer wieder die Herrichtung der Verkehrsinfrastruktur an.
Die polnische Seite verwies jeweils darauf, dass die Verlängerung der Ostseeautobahn A20 zu einer Via Baltica von der Warschauer Zentralregierung nicht als vordringlich eingestuft wird, sondern das Geld in die Nord-Süd-Anbindungen gesteckt werde. Aus eigenen Mitteln der Wojewodschaft solle nun wenigstens die Fernstraße bis Koszalin, also etwa die halbe Strecke nach Danzig, modernisiert werden. Ähnlich schwierig gestaltet sich der Ausbau der Grenzübergänge. Zwar habe Warschau Gelder für den Polen-seitigen Ausbau von Linken avisiert. Für die geplanten neuen Übergänge in Garz (Usedom) und Hintersee (Uecker-Randow), wo noch kilometerweise Straßen gebaut werden müssten, fehle bislang das Geld, bedauerte Marschall Jozef Falinski.

Als Wiedergutmachung


Gewissermaßen als "Wiedergutmachung " für den beiderseits bedauerten Verlust des deutschen Generalkonsulats soll für Stettin in Kürze ein Honorarkonsul berufen werden. Zudem stehen wohl die Chancen gut, dass Stettin gegen die starke Konkurrenz von Danzig, Thorun oder Krakau den Zuschlag erhält für ein Institut für Deutschland-Studien des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD).


Wirtschaftshaus etabliert

Das von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Neubrandenburg initiierte und vor einem Vierteljahr gegründete "Haus der Wirtschaft " hat sich offenbar sehr gut etabliert und soll nun zu einem Kommunikationszentrum für Unternehmer-Kontakte werden.
Als zentrale Aufgabe beider Seiten wurde sowohl in Danzig wie in Stettin der Abbau von Vorurteilen gegen einen EU-Beitritt Polens beschrieben. Mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit müsse den Polen die Angst vor einem "Ausverkauf polnischen Bodens an die reichen Deutschen " genommen werden und den Deutschen die Angst vor der "Billigkonkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ".

Steigende Chancen

Gemeinsam wollen sich die drei Regionen künftig gegenüber den Regierungen in Warschau und Berlin sowie in Brüssel in die Erarbeitung von Übergangsregelungen für die ersten Jahre der EU-Mitgliedschaft einbringen.
"Der Vorrat an Gemeinsamkeiten hat bereits eine beträchtliche Breite ", resümierte Ringstorff seine viertägige Polen-Reise. "Die Chancen für beide Länder überwiegen bei weitem die zweifellos vorhandenen Risiken. " Abschottung oder Protektionismus würde niemandem helfen, sondern nur die Entwicklung hemmen.

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19.01.2001© Nordkurier-Online 2000-2001

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