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Montag, 29. November 1999
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Der Bericht des Rechnungshofes erschüttert Inter NationesSchluckt Goethe-Institut den Kulturverein?

 

Von Wulf Schmiese und Kathrin Spoerr

 

Bonn/Berlin - Anderthalb Jahre hat der Bundesrechnungshof den "Inter Nationes e.V." geprüft. Das jetzt vorliegende, 160 Seiten dicke Ergebnis ist ein Schock für den bundeseigenen Verein, der - je zur Hälfte finanziert vom Auswärtigen Amt und vom Bundespresseamt - für den Kulturdialog im Ausland zuständig ist. 6,4 Millionen Mark könnten jährlich eingespart werden, sagen die Prüfer, etwa 12 Prozent des Jahresetats von etwa 48 Millionen Mark. Das mit 148 Stellen ausgestattete Institut war in der Frühphase der Bundesrepublik gegründet worden mit dem Anspruch, ein neues Bild der Deutschen ins Ausland zu vermitteln. Es läßt deshalb Bücher schreiben, Dokumentationsfilme drehen und gibt Kulturzeitschriften in den wichtigen Sprachen der Welt heraus. Bewußt war die Vereinsform gewählt worden, um den Verdacht staatlicher Indoktrination oder gar Propaganda zu vermeiden. Ziel von "Inter Nationes" ist es, Interesse an Deutschland zu wecken.

Doch das kostet zu viel Geld, meinen seit Jahren die Kritiker. Die insgesamt neun kulturellen Institutionen des Bundes, dessen größte das Goethe-Institut ist, seien mehr als genug. Deshalb forderte die CSU bereits im letzten Jahr, "die bisherigen Aufgaben von Inter Nationes an das Bundespresseamt und das Goethe-Institut zu übertragen". Das Goethe-Institut forderte seit langem, daß Teile von Inter Nationes und Goethe-Institut unter ein Dach gehören - unter das des Goethe-Instituts,versteht sich. Das Bestehen mehrerer Mittlerorganisationen nennt der Präsident der Goethe-Instituts, Hilmar Hoffmann, einen Anachronismus, gespeist aus der Nachkriegsangst vor dem Kulturimperialismus des Nationalsozialismus.

Die Forderung erhielt neuen Zunder unter dem Eindruck der Eichelschen Sparpläne. Zuvor versuchten Goethe-Institut und Inter Nationes Überschneidungen auf dem Verhandlungsweg zu beseitigen. Dass Inter Nationes auf die Begehrlichkeiten des Goethe-Instituts freiwillig nicht eingehen wollte, nennt der Generalsekretär des Goete-Instituts, Joachim Sartorius, "nachvollziehbar". Da kommt der Rechnungshof mit seinem Bericht wie gerufen. Er bestätigt diese radikale Goethe-Forderung nun post festum, formulieren es aber sanfter: Es sei zu überlegen, ob es mittelfristig nicht sinnvoller sei, Bereiche von Inter Nationes oder gar "die Aufgaben insgesamt auf das Goethe-Institut" zu übertragen. Der Rechnungshof schlägt hierfür eine Perspektive von fünf bis sechs Jahren vor.

Der Vorstandsvorsitzende von Inter Nationes, Peter Sötje, ist höchst verärgert über den Bericht. Er sei zum Sparen bereit und auch Reformen seien überfällig, sagt er. Aber der Bericht schiesse weit über das Ziel hinaus. "Der Bundesrechnungshof hat offensichtlich keine Ahnung von unserer Aufgabenstellung, er mischt sich unqualifiziert in inhaltliche Fragen ein." Sein Zorn gilt dem Vorwurf, Inter Nationes publiziere seine Schriften nicht nachfragegerecht, sondern habe viel mehr auf Halde als das Ausland anfordert. "Wir können gar nicht angebotsorientiert produzieren, weil wir doch erst Interesse an bestimmten Themen wecken", rechtfertigt sich Sötje. "Kann man vorher wissen, wie hoch das Interesse an der Debatte um das Holocaust-Mahnmal in Südamerika sein wird?" Zudem stimme der Vorwurf auch nur teilweise, "da wir zu 90 Prozent auf Bestellung liefern". Die Adresskartei im Verteiler sei längst durchforstet, ein klar umrissenes Zielpublikum bei den ausländischen Eliten werde erreicht.

Inter Nationes ist zum Sparen bereit, doch mehr als fünf Prozent des Etats, was auch das Auswärtige Amt vorschreibt, seien nicht möglich. Der Verwaltungsratsvorsitzende von Inter Nationes, Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, weilt im Urlaub. Doch seine Stellvertreterin, die SPD-Abgeordnete Elke Leonhard, nimmt die Institution in Schutz. Der Rechnungshofbericht berufe sich auf das Jahr 1997, er sei die Bilanz des Erbes, das die neue Regierung übernommen hat. Doch sie will die Prüfung ernst nehmen. "Es muß eine radikale konzeptionelle und strukturelle Erneuerung geben." Die auswärtige Kulturpolitik soll in seiner Gesamtheit überprüft werden, damit sie effizienter und billiger werde.

Sötje, der erst seit Februar Inter Nationes leitet, hat bereits Reformen in der Schublade. Statt Geld in Zeitungsmappen und gedruckte Artikel zu stecken, soll künftig die Online-Redaktion kräftig ausgebaut werden. Inter Nationens will die gesamte internationale Medienarbeit Deutschlands übernehmen. Dazu wird auch bereits mit dem Goethe-Institut verhandelt.

 

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