Politik


01.12.1999



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Eine Neuigkeit: Keine Klagen vom Goethe-Institut

Die Kulturbotschafter sind froh, dass sie weniger sparen müssen als geplant - Neue Ausrichtung für auswärtige Kulturpolitik

Zehn Goethe-Institute müssen geschlossen werden. Eine Zusage des Bundeskanzlers haben weitere vor dem Aus bewahrt. Die Herausforderungen aber bleiben. In der auswärtigen Kulturpolitik wird weiter gespart und es gibt neue Aufgaben.

Von Burkhard von Pappenheim, Berlin

Der Präsident Hilmar Hoffmann schien selbst ein wenig erstaunt. Er und der Generalsekretär Joachim Sartorius säßen ¸¸leicht entspannt'' vor der Bundespressekonferenz in Berlin, es gebe ¸¸keine Hiobsbotschaft'' und ¸¸nicht das obligate Lamento''. Der Chef der Goethe-Institute setzte sogar noch eins drauf: Man gehe ¸¸mit Optimismus ins neue Jahrzehnt''. So schön kann Erleichterung sein.

Zwar müssen die deutschen Kulturbotschafter im Ausland zehn und im Inland drei Institute schließen. Aber es wurden nicht mehr. Im September hat der Bundeskanzler eine Minderung der Sparauflagen für das Jahr 2000 um elf Millionen zugesagt. Dafür bekommt er jetzt artig Lob von Hilmar Hoffmann, Außenminister Joschka Fischer wird gepriesen, der Kultur-Staatsminister Michael Naumann gleich mit, und selbst für die Berichterstatter im Bundestagshaushaltausschuss fällt ein Dank mit ab. Das ist kein Zufall. Denn bis zum Jahr 2003 stehen weitere 27 Millionen Mark für die Goethe-Institute in der Sparliste von Hans Eichel. Darum, sagte Hoffmann schon in der vergangenen Woche, ¸¸kann eine vollständige Entwarnung jetzt noch nicht gegeben werden''. Im kommenden Jahr erhält das Institut vom Auswärtigen Amt 284,5 Millionen Mark, das sind 13,6 Millionen weniger als dieses Jahr.

Damit seien ¸¸katastrophale Folgen für die auswärtige Kulturpolitik'' verhindert worden, sagte Hoffmann. Der Verlust wiegt dennoch schwer. Geschlossen werden die Institute in Toulouse, York (Großbritannien), Seattle, Houston und Ann Arbor (USA), Vancouver, San José (El Salvador), Nikosia (Zypern), Patras (Griechenland) und Chania (Kreta). Dazu kommen die Einrichtungen in Boppard, Iserlohn und Staufen. 130 Mitarbeiter müssen entlassen werden. Zu den Schließungen in Deutschland sagte Hoffmann, es habe dort rückläufige Einschreibungen von Ausländern gegeben, was er unter anderem auch auf Presseberichte ¸¸über Ausländerfeindlichkeit in Deutschland'' zurückführte. Gleichzeitig kündigte Hoffmann aber die Eröffnung von Instituten in Sarajewo, Tallinn (Estland) und Schanghai an und äußerte den Wunsch, in Algier, Havanna und Teheran aktiv werden zu können.

Generalsekretär Sartorius betonte, die Goethe-Institute hätten ¸¸keine Legitimationskrise''. Ihre Aufgabe, am Deutschlandbild zu polieren, werde ¸¸nie aufhören''. Dazu komme, dass man sich künftig mehr den Menschen- und Minderheitsrechten zuwenden und dem Erhalt der Vielfalt von Kulturen in der globalisierten Welt mehr Bedeutung zumessen wolle. Das passt gut zu den Worten von Bundesaußenminister Fischer vom Vortag. Der Minister hatte in einer Anhörung des Bundestags davor gewarnt, am falschen Platz, nämlich bei der auswärtigen Kulturpolitik, zu sparen. Auf sie kämen nicht weniger, sondern mehr Aufgaben zu. Zum Beispiel dürfe sie keine Berührungsängste gegenüber der Wirtschaft haben. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gerd Weisskirchen, verlangte, Deutschland müsse seine kulturelle Selbstdarstellung im Ausland neu bestimmen. Präsident Hoffmann hat dafür einen europäischen Ansatz, der auch zum Sparen passt. Der Aufbau von europäischen Instituten müsse vorangetrieben werden, sagte Hoffmann. Er musste allerdings einräumen, dass ein solcher Versuch in Polen gerade gescheitert sei.

Intensiv betrieben wird zudem die Fusion mit Inter Nationes, der Kommunikationsorganisation im Medienbereich. Die Gespräche allerdings sind ins Stocken geraten. Inter Nationes wolle, berichtete Hoffmann, eine Auflösung beider Organisationen und eine gemeinsame Neugründung. Das erheblich größere Goethe-Institut dagegen finde, Inter Nationes könne in ihm aufgehen. Das erinnert stark an die deutsche Einigung. Hoffmann warnte schon, das Goethe-Institut dürfe ¸¸nicht vermitteln, es sei etwas Besseres''.




© 1999 Stuttgarter Zeitung, Germany

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