Kommentare auf Seite 2 / 05.09.2000

Alte Zöpfe

Von Martin Ferber (Berlin)

Der Diplomatische Dienst steckt in der Krise. Informationen sind leicht zu beschaffen, die Regierungen pflegen den direkten Draht statt den Umweg über die Botschaften, alle Ministerien agieren international. Die Strukturen der Vergangenheit taugen nicht mehr im Zeitalter der Globalisierung und des Internets. Genau die richtige Aufgabe für Joschka Fischer, alte Zöpfe abzuschneiden.

Dabei ist klar: Überflüssig werden die Botschafter noch lange nicht. Sind sie doch Deutschlands erste und wichtigste Vertreter in den Staaten der Welt, die das Land repräsentieren, die Politik der Bundesregierung vermitteln und für die Bundesrepublik als Ganzes werben. Hinzu kommt die besondere Rolle des größer gewordenen Landes nach dem Ende des Kalten Krieges. Weil die Bundesrepublik frei von einer belastenden kolonialen Vergangenheit ist, weil sie eine maßgebliche Rolle in der EU spielt und sowohl zu den USA wie zu Russland über beste Kontakte verfügt, kann sie als Mittler auftreten.

Der Diplomat der Gegenwart muss auf politischem Parkett auftreten können, aber auch moderner Dienstleister sein. Das kostet Geld. Der Etat des Auswärtigen Amtes taugt nur bedingt als Steinbruch. Zusammen mit den Ausgaben für das Goethe-Institut, das die auswärtige Kulturarbeit leistet, sind diese Investitionen langfristig angelegt. Entscheiden sie doch, ob die Bundesrepublik ihrer wachsenden Verantwortung in der Welt gerecht werden kann - oder ob es bei bloßer Rhetorik bleibt.

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