Blaues Auge

Naumann zieht Bilanz

Von Martina Meister

"Trotz Sparzwang mehr Kultur", das ist die Bilanz von Staatsminister Michael Naumann nach dem ersten Amtsjahr, die er gestern auf einer Pressekonferenz zog. Am Vorabend hatte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages den Kulturetat für das Jahr 2000 bewilligt. Danach stehen dem Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien 1,657 Milliarden Mark zur Verfügung. Das ist weniger als 1999 (1,754 Milliarden), aber mehr als unter der alten Regierung, die im Jahr 1998 1,571 Milliarden Mark bewilligte.

"Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", sagte Naumann und betonte zugleich, dass durch diesen Beschluss alle Pläne und angekündigten Förderungen abgesichert seien. Dazu gehören der Umbau der Berliner Museumsinsel, die Kulturförderung Berlins und, mit einem deutlichen Akzent, das "Aufbauprogramm Kultur in den neuen Ländern". Wie angekündigt wird das Programm im kommenden Jahr mit 120 Millionen Mark gefördert, bis 2003 mit weiteren 120 Millionen. Da sich die Länder mindestens im gleichem Umfang an den Projekten beteiligen müssen, fließen insgesamt zusätzliche Mittel in Höhe von einer halben Milliarde Mark in die Kultureinrichtungen und Vorhaben der neuen Länder. Gleichzeitig mit der Klärung des künftigen Budgets kam es im Bundestag auch zu einem deutlichen Fortschritt im schleppenden Prozess der Einrichtung einer Stiftung, die sich um den Bau des Holocaust-Mahnmals kümmern wird.

Der Bundestag hat die Regierung aufgefordert, eine "unselbständige Stiftung" einzurichten, die unverzüglich mit der Arbeit beginnen soll. Sobald der gleichzeitig eingebrachte Gesetzesentwurf von Koalition und FDP durch ist, wird sich die Stiftung in eine "selbständige" verwandeln, die nicht dem Bundeskanzleramt nachgeordnet ist. Naumann versicherte, dass man versuchen werde, den Termin der geplanten Grundsteinlegung am 27. Januar einzuhalten. Angesprochen auf die verschiedenen Versuche, den Bau des Mahnmals zu verzögern, sagte Naumann: "Die Grundsteinlegung ist symbolisch. Sie signalisiert den Willen des Bundestages, des Souveräns, an dieser Stelle ein Mahnmal zur Erinnerung an die ermordeten Juden zu errichten. Das Grundstück gehört dem Bund und niemand wird uns daran hindern, dort zu bauen."

Was die Gesetzesinitiative zur Reform des Stiftungsrechtes angeht, versicherte Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen) gestern, dass Finanzminister Hans Eichel das Projekt nicht blockieren werde. Verglichen mit ihrem Entwurf von 1997 habe sie, so Vollmer, "auf gar nichts verzichtet". Die Reform des Stiftungsrechtes, die etwa die Möglichkeit schaffen soll, Spenden bis zu einer Höhe von 50 000 Mark abzusetzen, werde rückwirkend auf den 1. Januar 2000 in Kraft treten. Naumann wertete die Reform als "Durchbruch" und "kulturhistorischen Einschnitt", der Ausdruck einer "Veränderung der kulturellen Grundstimmung in Deutschland" sei.

Veränderungen in der Kulturlandschaft stehen auch durch die sich immer deutlicher abzeichnende Fusion der Goethe-Institute mit Inter Nationes an. Das Goethe-Institut hatte für das Jahr 2000 zusätzliche 11 Millionen Mark gefordert, um die starken Budgetkürzungen abzufedern. Die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses hat sie nicht für das kommende Jahr, sondern für 2001 unter der Bedingung zugesagt, dass die Fusion der beiden Einrichtungen vorangebracht sein müsse. "Der politische Druck ist groß", räumte Berthold Franke, Pressesprecher des Goethe-Instituts gestern gegenüber der FR ein, versicherte aber zugleich, dass man sich durch diese Bedingung im Fusionswillen eher "beflügelt" fühle.

 

 

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Copyright © Frankfurter Rundschau 1999
Dokument erstellt am 12.11.1999 um 20.45 Uhr
Erscheinungsdatum 13.11.1999

 

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