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Griechische Justiz befindet über deutsche LiegenschaftenGespräch mit dem Direktor des Archäologie-Instituts in AthenMartina DoeringBERLIN, 31. August. Am heutigen Freitag wird erneut eine Entscheidung im Streit um deutsche Entschädigungen für griechische Opfer des Zweiten Weltkrieges gefällt. Ein Gericht hat zu befinden, ob die einstweilige Verfügung, die die deutsche Botschaft vor etwa einem Monat gegen eine Zwangsvollstreckung in deutsche Liegenschaften erwirkte, rechtmäßig ist. Zwangsversteigert werden könnten dann das Goethe-Institut, zwei deutsche Schulen und das Deutsche Archäologische Institut in Griechenland. Ob die Ansprüche auf Entschädigung berechtigt sind, müssen nach Ansicht von Klaus Fittscher, Direktor des Instituts, die Gerichte klären. Sicher richtig sei die Feststellung, so Klaus Fittscher zur "Berliner Zeitung", dass die Bundesregierung die Angelegenheit "etwas wenig ernst genommen habe". Ob der Weg der Zwangsvollstreckung vernünftig sei, bezweifelt er aber. Klage auf Entschädigung 218 Hinterbliebene von Opfern eines Massakers der SS im Zweiten Weltkrieg hatten 1995 eine Klage auf Entschädigung eingereicht. Zwei Jahre später verurteilte das Landgericht von Livadia die Bundesrepublik zur Zahlung von 54 Millionen Mark. Diese Summe hat sich durch Zinsen auf 86 Millionen erhöht. Die Bundesregierung legte Revision gegen das Urteil ein. Deutschland steht auf dem Standpunkt, dass alle Ansprüche mit den Wiedergutmachungsleistungen von 1952 abgegolten worden sind. Nachdem der Senat des griechischen Obersten Gerichts das Urteil aber bestätigt hatte, schritt der Rechtsanwalt der Opfer zur Tat: Er beantragte die Zwangsversteigerung deutscher Immobilien. Für das Goethe-Institut sind schon Vorbereitungen für eine Zwangsvollstreckung getroffen. Sie kann sofort ausgeführt werden, falls das Gericht die einstweilige Verfügung kippt. Obwohl für das Archäologie-Institut keine unmittelbare Gefahr bestehe, seien die Mitarbeiter natürlich beunruhigt, sagt Klaus Fittscher. Die griechischen Kollegen glaubten jedoch nicht, das es zum Schlimmsten käme. "Zwischen beiden Ländern gibt es ein Kulturabkommen, in dem der Schutz der Kultureinrichtungen garantiert wird. Das ist ein völkerrechtswirksamer Vertrag, der nicht einfach durch ein Gericht ausgehebelt werden kann." Anders als für das moderne Gebäude des Goethe-Instituts finde sich für das 110 Jahre alte, denkmalgeschützte Haus des Instituts auch wohl so leicht kein Abnehmer, glaubt der Direktor. Ob Bibliothek und Fotothek des Hauses pfändbar sind, sei ungewiss. "Dafür würde es natürlich Abnehmer geben", fürchtet Klaus Fittscher. In diesen Archiven befinden sich Monografien, Zeitschriften und Bücher aus den letzten 150 Jahren zu allen Themen der antiken Kultur und Geschichte. Ein Schatz, der von Wissenschaftlern kostenlos genutzt werden kann. Sollte es zu einer Zwangsvollstreckung kommen, müsste das Institut seine Arbeit einstellen, das heißt auch die wissenschaftliche Forschung in Olympia, Samos und an anderen Plätzen sowie deren Pflege und Erhaltung. Eine 1874 mit der Eröffnung des Instituts begonnene Tradition würde dann zu Ende gehen, sagt Klaus Fittscher. "Es gibt ein Kulturabkommen. Das kann durch ein Gericht nicht einfach ausgehebelt werden. " Prof. Klaus Fittscher |