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c't 6/2001, S. 88: Sprache

  

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Maria Benning

‘Es gibt kein Denglisch’

c't-Gespräch mit den Germanisten Torsten Siever, Peter Schlobinski und Jens Runkehl über den Einfluss englischer Begriffe auf das Deutsche.

CeBIT, das heißt auch, alljährlich neue Wörter lernen. Im letzten Jahr war es die ‘Flatrate’, jetzt heißt es ‘Peer to Peer’. c't fragte Germanisten vom Seminar für deutsche Sprache und Literatur der Universität Hannover, ob das ständige Aufkommen neuer englischer Begriffe unser Sprachverständnis aushöhlt und das Deutsche bedroht.

c't: Die CeBIT-Zeit bringt jedes Jahr viele neue Wörter aufs Tapet. Verstehen wir bald unser eigenes Wort nicht mehr?

Schlobinski: Es gibt immer Wörter, die neu sind, besonders in der Werbe- und Produktsprache. Diese Sprache will nicht korrekt sein, sondern auffallen und sich einprägen. Als die Comicsprache oder die Chatkultur aufkamen, haben auch viele gedacht, bald würde nur noch in Interjektionen wie ‘autsch’ oder in Inflektiven wie ‘grins’, ‘bibber’ und ‘seufz’ gesprochen. Das war aber nicht so.

c't: Aber unsere heutigen Medien beschleunigen die Verbreitung des Neuen. Verdrängt der Wust an unbekannten Wörtern nicht langsam eigene Vokabeln?

Runkehl: Wie die CeBIT bringt jede Fachmesse neue Wörter hervor. Es geht ja auch oft um Dinge, die es bis dato so nicht gab. Oder es geht darum, dass wir ‘Sprachverbraucher’ das denken sollen. Weil die Computertechnik weit verbreitet ist, sind viele mit dem Wortschatz konfrontiert. Davon geht aber keine Bedrohung aus. Viele CeBIT-Begriffe haben keine große Reichweite. Erst wenn sich die entsprechende Technik durchsetzt, gelangt das Wort in die Allgemeinsprache. Anders als vor zehn Jahren weiß heute jeder, was Soft- und was Hardware ist. Genauso wird es mit Begriffen wie UMTS oder WAP gehen: Sie bleiben Fachwörter, bis sich die Technik durchsetzt. Es wäre übertrieben, zu verlangen, schon auf der CeBIT müsste alles mit deutschen Wörtern bezeichnet werden.

Schlobinski: Wer sich in seinem Sprachverhalten von den Wortschöpfungen der Hersteller leiten lassen will, der soll das eben tun. Das ist nicht schön, aber es ist der freie Wille des Sprechers. Und wer ein ‘E’ vor die Wörter stellen will, der soll auch das bitte schön tun. Dieser Zusatz ist sinnvoll, um rasch anzuzeigen, dass sich etwas im Netz abspielt. Wer dann meint, er müsse auch mit seiner Oma so reden, der wird schon sehen, was er davon hat. Ich habe mal die Sprache auf privaten Homepages untersucht und festgestellt, dass selbst dort fast nur bekannte Wörter wie Server, Internet oder E-Mail verwendet werden. Da kann keine Rede davon sein, dass da so was wie Denglisch geschrieben würde.

c't: Nicht alle sehen das so: Der Berliner Innensenator Eckhardt Wertebach fordert Gesetze zum Schutz der deutschen Sprache. Und der Dortmunder Statistikprofessor Walter Krämer will bei Verstößen gegen die deutsche Sprache wie im Straßenverkehr Bußgeld verlangen.

Schlobinski: Wir brauchen weder ein Sprachenschutzgesetz noch Bußgelder für Anglizismen. Die technische Entwicklung führt nicht zu einer Verformung des Deutschen. Es gibt kein Denglisch. Es ist einfach nur so, dass jede technische Innovation sich in der Sprache widerspiegelt. Das ist völlig normal.

c't: Es gibt aber inzwischen auch einen subtilen Einfluss der Computersprache. Ein Beispiel ist die Verwendung von technischen Begriffen wie ‘Zugriff’ in der Alltagssprache. Manche Menschen sagen auch: ‘Das habe ich nicht abgespeichert’.

Schlobinski: Das sind normale Übertragungen. Wenn wir ein neues Medium haben, dann ist das immer so. ‘Du hast aber eine lange Leitung’, hieß es beim Telefon. Auch die berühmte ‘rosarote Brille’ ist eine Redewendung, die mit den ersten Brillen zusammenhängt. Menschen drücken sich eben gern in neuen Metaphern aus, weil sie das spontan überzeugend finden und weil es etwas mit ihren Lebensumständen zu tun hat.

Geld ins Sprachschwein

Siever: Gefährlich wäre, wenn man in jeder Situation nur noch eine Version nehmen könnte und alle anderen unterdrückt würden. Das passiert aber nicht. ‘Flatrate’ ist hässlich, aber es ist ein Fachwort. Unser Wort Pauschaltarif bleibt davon unberührt. Solange es konkurrierende Formen gibt, die situationsspezifisch eingesetzt werden können, gibt es keine Gefahr.

c't: ‘Kaffee to go’ oder ‘Oma‘s Sessel’, so was löst bei Ihnen kein stilistisches Entsetzen aus?

Schlobinski: So was ist nicht schön und es zeugt auch nicht von Stilgefühl, aber in einer komplexen pluralistischen Gesellschaft ist es normal, dass konkurrierende Stilformen nebeneinander stehen. Immer saugt eine Sprache Fremdes auf. Deshalb wehre ich mich gegen die Betrachtung, dass unsere Sprache jetzt auf einmal gefährdet ist. Jeder Sprecher kann situativ reagieren und verschiedene Register ziehen. Niemand ist gezwungen, ein Gemisch aus Deutsch und Englisch zu verwenden. Und wenn Sie jetzt mit den Snack- und Servicepoints kommen, dann sage ich, das ist keine allgemeine Sprache, sondern Werbesprache. Die Werber aber können mit so was nur auffallen, weil das, was sie bringen, falsch und anstößig ist. Übrigens ist das Englische als Produktsprache wegen seiner Prägnanz und Weltläufigkeit zu Recht beliebt.

c't: Was ist mit falschen Wörtern? E-Government müsste doch elektronische Regierung heißen. Wir benutzen das Wort aber für netzbasierte Verwaltung. Und was ist mit den falschen Einbettungen von Abkürzungen wie LCD-Display. DTP-Publishing? Das ist doch weder Deutsch noch Englisch, sondern eben eine Mischung, Denglisch.

Schlobinski: Bei DIN-Norm haben Sie genau das Gleiche. Das N steht auch hier für Norm. Es ist bei vielen Abkürzungen so, dass wir sie nicht mehr aufschlüsseln. Das ist nicht schlimm. Wenn E-Government als E-Verwaltung aufgefasst wird und das verständlich ist - so what? Bei Joghurt wissen wir auch nicht, ob ‘der’ oder ‘das’. Bei Datscha haben wir wie bei Handys Probleme mit dem Plural: ‘Datschen’ und ‘Datschas’, beides ist richtig. Es setzt sich eben durch, was einleuchtet und nicht, was korrekt ist.

c't: Könnte es nicht auch sein, dass die Informatik ihre Unsicherheit als junge Wissenschaft durch Fachwörter überspielt?

Runkehl: Ich glaube nicht, dass das eine Rolle spielt. Ich denke eher, dass Leute, wenn sie weltweit kommunizieren wollen, nicht krampfhaft in ihren Nationalsprachen agieren können. Wer sich mit neuer Technik befasst, kann sich nicht erst lange mit Übersetzungen aufhalten.

c't: Aber viele Menschen können kein Englisch. Gibt es eine digitale Spaltung im Sprachgebrauch?

Schlobinski: Das gab es auch schon im Print-Zeitalter, dass bestimmte Schichten ausgeblendet sind. Aber dagegen hilft nur Bildung, also Förderung der Englisch- und Femdsprachenkenntnisse, und nicht Unterdrückung und Fremdwörter-Verbot. (mbb)


Kommentare:
Re: Manta (Yezedin , 13.3.2001 16:50)
Re: Wer nichts zu sagen hat, ... (Yezedin , 13.3.2001 16:43)
Re: Manta (Harkpabst Meliantrop , 13.3.2001 15:38)
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