HomepageHilfeVertriebProbeaboDIE WELT online vom 25. 02. 2001 - Hamburg
DIE WELT online - HAMBURG



Dienstag, 27. Februar 2001
Berlin, 20:57 Uhr
online

HOME

TAGESINHALT

WELT AM SONNTAG

POLITIK

WIRTSCHAFT

FINANZEN

IMMOBILIEN

KULTUR

SPORT

FORUM

WISSENSCHAFT

MEDIEN

AUS ALLER WELT

HAMBURG
    Hamburg
    Wirtschaft
    Sport
    Feuilleton
    Norddeutschland
    Wetter

BERLIN

BREMEN

BAYERN


WEBWELT

BERUFSWELT

LITERARISCHE WELT

REISEWELT

GOURMET

AUTO & BOOT

LEBENSART


ARCHIV

TELEFONTARIFE

WETTER

ABONNEMENT


MEDIA-INFO

HILFE

IMPRESSUM

KONTAKT

ANMELDUNG







Wir suchen:Technik
• Online-Entwickler
• Web Application & Database Developer


"Sprache ist mehr als Verkaufshilfe" (25. 02. 2001)

"Sprache ist mehr als Verkaufshilfe"

Der Verein Deutsche Sprache untersucht die Publikationen von Hamburger Großbetrieben. Erstes Ergebnis: Tadel für die HEW, Lob dagegen für die Wasserwerke

Von Katharina Kramer

Hamburg - "Es fällt auf, dass Sie gerade bei Ihren plakativen Überschriften meinen, Ihre sprachliche Fortschrittlichkeit durch englische Kunstworte beweisen zu müssen. Ihre Stromtarife bezeichnen Sie als HEWclassic, HEWfuture und newpower. Ihre Veranstaltungen nennen Sie HEW car classics, HEW cyclassics, metropole-Xmas-cup. Es spricht nicht für Ihre Werbeabteilung, wenn sie keine zündenden deutschen Formulierungen findet."

Ausschnitt aus einem Schreiben des Vereins Deutsche Sprache (VDS) an die Hamburger Electricitätswerke. Die 295 Mitglieder untersuchten jetzt Publikationen großer Hamburger Betriebe auf eine "Überfrachtung mit Anglizismen" Erstes Ergebnis: Tadel für die HEW.

Nur Lob dagegen für die Hamburger Wasserwerke. "Weder in der Plakatwerbung, noch bei den Kundeninformationen, noch im ‚Wassermagazin' haben wir überflüssige englische Wörter gefunden. Wir möchten Ihnen für dieses Bemühen danken und Sie darin bestärken, auch in Zukunft die deutsche Sprache so zu achten, wie sie es bisher getan haben", schreibt der VDS an die Wasserwerke.

"Wir wollen nicht nur meckern", so der erste Vorsitzende des Hamburger VDS, Herbert Fuchs, "sondern auch die loben, die auf überflüssige Anglizismen verzichten."

Den gemäßigten Ton des Briefs hebt Dr. Hans-Joachim Reh, 59, aus dem HEW-Vorstand hervor: "Wir haben schon gelegentlich Kritik für die Verwendung englischer Wörter bekommen, und dieser Brief ist für uns ein weiterer Anlass, darüber nachzudenken, ob man sie nicht zurückdrängen kann." Für die HEW habe nach dem Monopolverlust ein "brutaler Wettbewerb" eingesetzt, und man sei Marketingspezialisten gefolgt, die zu den englischen Begriffen geraten hätten: "Viele finden Anglizismen schick, weil sie Modernität vermitteln", so Reh, "und wir wollen kein Unternehmen sein, das den Muff von 100 Jahren hat." Gerade wenn es darum gehe, griffige, gedrängte Begriffe zu finden, biete sich das Englische mehr an als das Deutsche: "Fetzige Ausdrücke, die hängen bleiben, und Emotionen kann man im Englischen oft besser ausdrücken", meint Reh, doch käme es darauf an, zwischen notwendigen und vermeidbaren Anglizismen zu unterscheiden: "Wenn es einen gleich guten deutschen Begriff gibt, werden wir in Zukunft den nehmen. HEWfuture würden wir unseren Tarif heute nicht mehr nennen."

Da englische Wörter zudem sehr häufig bemüht würden, sei ein "Abschleifeffekt" nicht zu leugnen. Das Umdenken bei der HEW gründet sich auf Marktforschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass die Mehrheit der Bevölkerung gar nicht auf Anglizismen anspringt: "Wir müssen 100 Prozent der Hamburger erreichen", betont Reh, "wenn wir englische Wörter zurückschrauben, dann nicht, weil wir die Sprache Goethes und Schillers bewahren, sondern weil es unsere Aufgabe ist, Erfolg zu haben."

Anders Hans-Werner Krüger, 60, Leiter für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung bei den Hamburger Wasserwerken: Je größer der Adressatenkreis, desto höher sei die Verantwortung beim Schreiben - "auch für die deutsche Sprache". Unter den Mitarbeitern der Öffentlichkeitsarbeit bestehe Übereinstimmung, das Deutsche auszuschöpfen, statt es als "verstaubt, miefig und dörflich" abzuschreiben. Die Wasserwerke wollten sich zudem als "ernst zu nehmender, zuverlässiger Partner" darstellen, nicht als "Playmate for everybody". Als Urheber der Anglizismen sieht Krüger hauptsächlich "Handy-Primaten" der Werbebranche, deren Englisch gar nicht so gut sei: "Das reicht mal gerade zum Bluffen." Aber "Sprache ausschließlich als Verkaufshilfe zu benutzen" sei "ein Akt von Zuhälterei", so Krüger, für den Verständlichkeit an erster Stelle steht.

Als Nächstes wird der VDS die Publikationen der Hamburger Sparkasse und der Hamburger Hochbahn untersuchen.

Fakten zum VDS

Der Verein Deutsche Sprache (VDS) wurde 1997 gegründet - als Vereinigung auf Bundesebene. Mittlerweile gehören dem VDS 11 000 Mitglieder an. Seit Juni letzten Jahres gibt es den Verein auch in Hamburg. Derzeit sind knapp 300 Mitglieder aktiv im Kampf für die deutsche Sprache und gegen überflüssige Anglizismen. Erster Vorsitzender des Hamburger VDS ist der pensionierte Gesamtschullehrer Herbert Fuchs, 63.


Zur aktuellen Channel-Übersicht
Tagesübersicht

 


nach oben





Channel:Hamburg
Ressort:Hansestadt Hamburg
Erscheinungsdatum:25. 02. 2001