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Die Kunst der Klage und der Begriffs des SparensKonferenz der Adenauer-Stiftung zur Kulturpolitik

 

Von Antje Schmelcher

"Dieses Pult ist für Zwerge gebaut", sagte der hochgewachsene Präsident des Goethe-Instituts, Hilmar Hoffmann, nachdem er sich versichert hatte, dass sein Vorredener, der weitaus weniger hochgewachsene Berliner Kultursenator Peter Radunski, den Saal schon verlassen hatte. Hoffmann hielt daraufhin auch eine große Rede, die zwar wenig mit dem Thema der Konferenz der Adenauer-Stiftung "Eventkultur oder nachhaltige Kulturförderung" zu tun hatte, dafür eingehend um die Kultur des Dialogs kreiste. Von Selbst-Reflexivität und Wandel durch Annäherung war die Rede, unterlegt mit Hölderlin- und Huntington-Zitaten.

Doch vor dem Hintergrund ganz praktischer Sparzwänge blieb Hoffmann recht theoretisch. Die fehlende politische Polemik über das Vorhaben der Regierung Schröder, den Etat des Goethe-Instituts um 15 Millionen Mark zu kürzen, hatte wohl damit zu tun, dass Hoffmann am Nachmittag zu einem Gespräch mit dem Kanzler eingeladen war, bei dem es um die Schließung von 20 Instituten gehen sollte (siehe WELT-Interview auf S. 12).

Hoffmanns These vom "Selbst-reflexiv-werden durch die Erfahrung des Fremden" könnte man auch so interpretieren, dass einige staatlich finanzierte Kulturorganisationen erst unter dem (fremden) Diktat des Sparens begonnen haben, über die Effizienz ihrer Strukturen nachzudenken. So gaben sich die Präsidenten von Inter Nationes, das derzeit über eine Fusion mit dem Goethe-Institut verhandelt (WELT v. 28.8.), und des Instituts für Auslandsbeziehungen (Ifa) eher kleinlaut und räumten Versäumnisse in der Vergangenheit ein.

Vor einem Fusionsfieber und der Zusammenlegung der Humboldt-Stiftung mit dem Deutschen Akademischen Ausstauschdienst (DAAD) warnte dessen Generalsekretär Christian Bode, der jedoch durch rechtzeitige Einsparungen und vorausschauende Personalpolitik im vergangenen Jahr fünfzig neue Stellen für seine Organisation schaffen konnte. Ironisch wandte Bode sich an Hoffmann mit der Bemerkung, die Kunst der öffentlichen Klage noch nicht zu einer solchen Perfektion gebracht zu haben, ließ das Klagen über die gekürzten elf Millionen Mark aus seinem Etat aber gleich und verwies auf Tony Blairs Kampagne "Cool Britannia", mit der zahlende Studenten ins Land geholt würden.

Polemisch wurde erst Dieter Weirich, der mit einer Kürzung von 30 Millionen Mark finanziell gebeutelte Intendant der Deutschen Welle, der nun den Verlust von mindestens 400 Stellen vertreten muss. Unterstützt wurde er vom Berichterstatter des Deutschen Bundestags zum Kultur-Haushaltsplan, Steffen Kampeter, der auf den Unterschied zwischen Sparen und Streichen hinwies: Während der Kulturetat unter der Ära Kohl von Kürzungen ausgenommen worden sei, würden die gegenwärtigen prozentualen Kür- zungen aller Etats zu großen politischen Ungleichheiten führen, sagte Kampeter. Von den 190 Millionen für das Kanzleramt seien 165 Millionen gestrichen worden. Kampeter machte weiterhin aufmerksam auf die Kürzungen für die Kulturstiftung der Vertriebenen und den ostdeutschen Kulturrat (85 Millionen), die durch einen eigenen Kulturrat für die östlichen Länder ersetzt werden sollen. Er kritisierte die chronische Unterfinanzierung von Naumanns Vorhaben, seine einseitige Event-Förderung und den kulturpolitischen Zentralismus. So würden mehr als ein Viertel der gesamten Bundeskulturförderung nach Berlin abgezogen.

Eine mehr oder weniger lebhafte Diskussion zu der spröden Konferenz ergab sich aber erst nach Protesten dreier Frauen aus dem Plenum. Eine wackere Parteiaktivistin der CDU wollte wissen, was denn nun gegen den fatalen Naumann zu unternehmen sei. Eine Event-Veranstalterin, die freimütig zugab, schon dreimal eingeschlafen zu sein, forderte eine Rehabilitierung von Events. Und eine Schauspielerin machte auf die Situation freiberuflicher Künstler aufmerksam. Alle drei mussten feststellen, dass es hier aber um Zahlen und Politik ging und die Kultur nur ein Zwerg ist, wenn die Politik das Bezahlen der Zahlen stört.

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