(12.02.2001)

Capito heißt ein Textanalyseprogramm, das die Semiotis GmbH jetzt auf den Markt gebracht hat und das dazu dienen soll, Texte auf ihre Verständlichkeit und inhaltliche Qualität zu überprüfen.

Einen "Sprachzeugkasten für Wortwerker" nennt Professor Hans Messelken vom Seminar für Deutsche Sprache der Universität Köln das von ihm entwickelte Programm, dessen Analyseverfahren "weltweit einzigartig" sei. Capito liegen Forschungen Messelkens zur computerunterstützen Textanalyste zu Grunde. Ein früheres Produkt dieser Arbeit ist beispielsweise das System CUT.

Die Methode von "Capito" folgt, unabhängig von der Einzelsprache, allgemeinen Prinzipien, so dass neben Deutsch und Englisch in Kürze Versionen für weitere europäische Sprachen erscheinen sollen. Das Programm wertet für seine Analyse die im Text verwendeten Vokabeln und Satzkonstruktionen aus und vergleicht Häufigkeit und Komplexität mit Werten für bestimmte Themengebiete.

Anwendung finden soll das Tool als Hilfmittel für die Redaktion und die stilistische Korrektur selbstverfasster Texte. Mit Hilfe des Tools, so meint jedenfalls Semiotis, könne ein Autor überprüfen, ob er den Ansprüchen seiner Zielgruppe gerecht wird.

Aber nicht nur Text-Produzenten, sondern auch Konsumenten sollen von dem Programm profitieren. Es könne Viellesern die Arbeit erleichtern, indem es die Texte gewissermaßen "vorverdaut" und automatisch Schlüsselwortlisten und Zusammenfassungen generiert, die eine schnelle Zuordnung der Texte in einzelne Themengebiete ermöglichen sollen. Auch dazu wird wieder eine "objektive" statistische Auswertung des verwendeten Vokabulars vorgenommen.

Wie das aussieht, kann man sich anhand einer Beispiels-Analyse betrachten: dazu wurde ein durchaus im üblichen Stil politischer Verlautbarungen gehaltener CDU-Text zur Zuwanderung der Capito-Analyse unterworfen.

Das Ergebnis ist recht interessant: der Text bewege sich "auf dem Niveau eines Bestsellers", nur der Normwert der Schlüsselwörter liege weit über dem Durchschnitt, so Semiotis: "Hier wird mit speziellen Inhalten nicht gekleckert." Das Beispiel weist laut "Capito"-Analyse 19 schwierige Sätze auf, die Textverständlichkeit liegt um rund 25 Prozent, der Satzbau um rund 45 Prozent unter dem Normwert. Die Gesamtbewertung ergibt einen Normwert von 83,4. Zum Vergleich: Groschenromane stehen mit 54, Texte zum Themenfeld "Sport" mit 88 und "neuere deutsche Dichtung" mit 106 in der Vergleichsliste.

Ob eine textlinguistische Statistik dieser Art für das Verfassen und Optimieren von Texten wirklich hilfreich ist, sei dahingestellt - für viele dürfte klassisches, praxisbezogenes Schreib- und Stiltraining sinnvoller sein. Immerhin sind die Inhaltsangaben, die das Programm in dem Beispielfall zu dem CDU-Text erstellt, durchaus beeindruckend - wenn sie ein typisches Beispiel darstellen.

Um das Verständnis- und Wortschatzwunder selbst zu testen, werden jedoch zunächst 99,- DM fällig: so viel kostet nämlich eine 30-Tage-Version von Capito 1.0. Wie das Programm Vokabeln wie "gezielte Informationskondensation" wertet, die Semiotis zur Beschreibung der Produktfunktionen einsetzt, konnten wir übrigens nicht in Erfahrung bringen.