«Global Production Engineering» - Sprungbrett in internationale Konzerne

Bislang haben nur ausländische Studenten den Master- und Aufbaustudiengang an der TU belegt

Von Mareike Knoke

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Ein internationales Team: Der Kanadier Brent Starzacher, Brisa Ortiz aus Mexiko und der Indonesier Primo Wirasto (im Hintergrund) studieren GPE.

Foto: Beetz

Wenn die Mexikanerin Brisa Ortiz mit ihren Kommilitonen fachsimpeln will, spricht sie - wie alle anderen - englisch. Sonst gäbe es unter den 44 Studenten des internationalen Studiengangs «Global Production Engineering» (GPE) eine babylonische Sprachverwirrung.

Seit Oktober 1999 studiert die 26-Jährige, die in Mexiko bereits den Bachelorabschluss als Wirtschaftsingenieurin erwarb, an der Technischen Universität (TU) Berlin. Der 1998 eingerichtete Studiengang ist Master- und Aufbaustudium zugleich. Die stark verschulte Ausbildung führt nach zwei Jahren zum Abschluss Master of Science / Diplomingenieur - nach Klausuren, mündlichen Prüfungen, Pflichtpraktikum und Studienarbeit.

Als «post-graduate studies» richtet sich GPE - was sich frei als «Produktionstechniken/Ingenieurwesen mit globaler Ausrichtung» übersetzen lässt - an Maschinenbauingenieure, Verfahrenstechniker und Wirtschaftsingenieure mit Bachelorabschluss oder deutschem Vordiplom, die später in internationalen Unternehmen arbeiten wollen. Die Fächerkombination geht weit über das übliche Curriculum hinaus: Auf dem Stundenplan stehen Fächer wie «Internationale Logistik», «Internationales Projektmanagement», «Globales Produktionsmanagement», «Umweltmanagement» oder «Personalmanagement».

«GPE ist die Antwort auf eine globalisierte Arbeitswelt», erklärt Stefan Dreher, Koordinator des Studiengangs. «Immer mehr deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktionsstätten ins Ausland oder kooperieren eng mit ausländischen Unternehmen. Und sie erwarten von ihren Ingenieuren, dass sie mit anderen Arbeitsbedingungen und Mentalitäten umgehen können.»

Gut die Hälfte der Lehrveranstaltungen wird auf Englisch durchgeführt, Tendenz steigend - eines Tages soll der gesamte Unterricht auf Englisch abgehalten werden, wie Dreher erklärt. Die Benotung soll ab Oktober auf das European Credit Transfer System (ECTS / siehe rechts) umgestellt werden, das dem an US-amerikanischen Universitäten gebräuchlichen Credit Point System nachempfunden ist.

Die ausländischen Studenten sind im Großen und Ganzen von ihrem Studiengang sehr angetan. «Der Praxis-Anteil im Studium könnte größer sein. Aber was Umweltthemen und das allgemeine Niveau der Ingenieursausbildung anbelangt, sind deutsche Unis richtig gut», begründet der Kanadier Brent Starzacher seinen Entschluss, nach dem Bachelorabschluss und einigen Jahren Berufserfahrung noch einmal die Hörsaalbank zu drücken. Mit dieser Meinung steht er nicht allein: Im vergangenen Jahr konkurrierten 170 Bewerber um 45 Plätze.

Brents Banknachbarn sind überwiegend asiatische Studenten. Über die Hälfte der GPE-Bewerber, über deren Zulassung eine Prüfungskommission entscheidet, stammen aus Ländern wie Indonesien oder Korea. Die Kooperation mit den «Tigerstaaten» wird besonders gefördert - ganz im Sinne des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), der den Studiengang mitfinanziert. «Jahrelang haben wir die asiatischen Länder nur als verlängerte Werkbank deutscher Firmen betrachtet», erklärt Stefan Dreher. «Aber das war ein großer Fehler. Man denke nur an die indische Computer-Industrie. Dahinter steckt ein ungeheures Potenzial an guten Fachleuten.»

GPE ist derzeit in Deutschland wohl einer der wenigen, wenn nicht gar der einzige Studiengang, der ausschließlich von ausländischen Studenten belegt wird. Das klingt kurios, hat aber einen einfachen Grund: Deutsche Bewerber müssten neben dem Vordiplom nämlich auch eine umfangreiche Studienarbeit vorlegen. «Das schreckt viele erst mal ab, weil sie nicht darauf vorbereitet sind», sagt Stefan Dreher, der diese Anforderung ein wenig übertrieben findet. Denn Diplomstudenten müssen ihre Studienarbeit normalerweise erst im Hauptstudium schreiben.

Trotzdem erhält Dreher immer wieder Anfragen von interessierten deutschen Studenten. Denn die Aussicht, das Hauptstudium stramm in zwei Jahren durchzuziehen, klingt natürlich schon verlockend. Umso mehr, als deutsche Großunternehmen mit Niederlassungen in aller Welt wie etwa Siemens oder Daimler-Chrysler Stipendien an die GPE-Studenten vergeben und großes Interesse an Masterstudiengängen zeigen. Die Jobchancen für Absolventen stehen also nicht schlecht.

Das Studium ist gebührenfrei. Näheres unter Tel. 39 00 62 44, E-Mail: stefan.dreher@ipk.fhg.de

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